Dr. Tobias Wilms

Zu Beginn der neuen Legislaturperiode des Bad Sassendorfer Gemeinderates greift der Soester Anzeiger politische Themen auf. Als Erstes führte die Lokalzeitung ein Interview mit Dr. Tobias Wilms, dem neuen Vorsitzenden des SPD-Ortsvereins, über die Entwicklung und die Ziele der SPD Bad Sassendorf. Wegen der Corona-Pandemie wurde dieses Interview per Mail geführt.

(Erschienen im Soester Anzeiger vom 07.11.2020)

Herr Wilms, seit den 1990er Jahren mit Friedel Dicke als Bürgermeister und der SPD als stärkster Kraft im Gemeinderat ist es für Ihre Partei bezüglich der Kommunalwahlergebnisse kontinuierlich abwärts gegangen. Wie erklären Sie sich diesen Trend?

Nach 27,2 % der Stimmen in 2004 und einer Steigerung von fast 5 % in 2014 kann ich diesen Abwärtstrend nicht erkennen. In 2020 sind wir deutlich hinter unseren Ansprüchen geblieben. Wir konnten unsere Beiträge zur erfolgreichen Entwicklung der Gemeinde nicht ausreichend darstellen. Hieran müssen wir arbeiten.

Die CDU steht für eine mittelstandsnahe Politik, die FDP ist im Süden der Gemeinde stark, die BG betont ihre Ausrichtung auf sachorientierte Unabhängigkeit und die Grünen besetzen die Mega-Themen Klima und Umwelt. Welche Themen bleiben da für ihre Partei?

Schubladendenken bei Parteien ist antiquiert. Die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und klimatischen Aufgaben erfordern ein auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Handeln. Bei parteiübergreifenden Themen ergeben sich aber individuelle Schwerpunkte. Für die SPD ist soziale Gerechtigkeit, wie die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, der Ausbau von Betreuungsplätzen sowie schulischen Angeboten, bis heute ein wichtiges Ziel. Themen wie die Niederschlagsversickerung, das Ausgleichsflächenmonitoring und die Gewerbeansiedlung stehen gleichberechtigt auf der Agenda. Drohende Mindereinnahmen im Haushalt und Folgekosten von Projekten müssen bei Entscheidungen zukünftiger Ausgaben berücksichtigt werden, um Abgaben- und Gebührenstabilität zu sichern. Wir stehen für Transparenz statt Klientelpolitik.

Die Fraktionen im Gemeinderat eint zumeist das Ziel, die Belange des Kurorts über alle anderen zu stellen. Wie kann es da gelingen, das eigene Profil zu schärfen.

Das ist der Punkt. Wir haben die Entwicklung des Thermalbades geprägt und den Erfolg der heutigen INI-Gesamtschule begründet, weil wir gegen den Verkauf des Grundstücks waren. Die SPD hat sich als führende Kraft für weiches Wasser eingesetzt. Die Fraktion hat bei den parteiübergreifend initiierten Projekten der Innenstadtsanierung und des Kurparkausbaus sowie bei den zahlreichen Investitionen in den Ortsteilen sehr gute Ideen einfließen lassen und Akzente gesetzt. Da kommunalrechtlich keine echte Unabhängigkeit zwischen Verwaltungsführung und Politik besteht, liegt ein gewichtiger Teil der Deutungshoheit für diese Entwicklungen nicht bei der SPD. Auch hierdurch werden SPD-Erfolge nicht als diese wahrgenommen. Dies muss deutlicher herausgearbeitet werden, um das Profil zu schärfen.

Sie selbst und die SPD haben sich klar gegen die Nutzung der Nebenräume in der Trauerhalle Lohne als Dorfgemeinschaftshaus ausgesprochen. Die meisten Lohner scheinen aber eher dafür zu sein. Erarbeiten Sie sich so nicht eher ein negatives Profil?

Die Gründe für diese Position sind bekannt. Noch immer liegen keine Unterlagen zum Bedarf und zum Schutz von Bestattungen und Trauernden vor. Es war nicht hilfreich, dass Initiatoren die kritischen Stimmen als Querulanten und Sozialschmarotzer beschimpft haben. Diesem teuren Experiment mit ungewissem Ausgang kann die SPD nicht zustimmen. Ob Forderungen nach politischer Diskussion, belastbaren Konzepten und Transparenz negativ sind, kommt auf das eigene Demokratieverständnis an. Wir unterstützen die Ziele des Vereins und streben die Lösung der Konflikte zwischen Landjugend und Nachbarschaft an. Mit der Nutzung der Hofanlage Brinkmann und der baulichen Anpassung von Landjugendraum und Schützenhalle ergeben sich Alternativen, die alle Erfordernisse erfüllen. In den Landjugendraum hat die Gemeinde bereits einiges investiert. Der Friedhof ist historisches Kulturgut und ein Ort des stillen Gedenkens. Wir möchten diesen besonderen Platz erhalten und nicht der Spaßgesellschaft opfern.

Diese Frage wurde im Soester Anzeiger nicht veröffentlicht:

Genossen duzen sich und versammeln sich hinter der Fahne in dem flammenden Rot einer Arbeiterbewegung, die es in dieser Form gar nicht mehr gibt. Sind Erscheinungsbild und Selbstverständnis der SPD nicht in glorreichen, aber lange vergangenen Zeiten hängen geblieben?

Die SPD blickt mit Stolz auf ihre Geschichte zurück. Vielen ist nicht bewusst, dass heute selbstverständliche Dinge durch die SPD erkämpft wurden. Beispiele sind das Frauenwahlrecht und die betriebliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Die Reduktion der heutigen SPD auf Umgangsform und Symbole lässt vermuten, dass lange kein Redakteur vom Soester Anzeiger bei Veranstaltungen der SPD gewesen ist. Ich lade Sie ein sich ein eigenes Bild von der Parteiarbeit zu machen.